Donnerstag, 31. Dezember 2015

Regenerationslauf

Zum Jahresabschluß eine kleine Regenerationsrunde über meine Hausberge:



Ich war betont langsam, die Oberschenkel spürten noch die Tour nach Scheßlitz. Dennoch gings ganz gut und ich hab mich sehr wohl gefühlt. Alles einsam, nur ein paar Bauern, die im Wald ihr Holz gemacht haben. Nieselregen, grauer Himmel. Lieblingsmusik auf den Ohren.
Nachgedacht über den Lauf nach Scheßlitz und den anstehenden JUNUT im April. Gestern abend über "Motivation" gelesen. Was ist meine Motivation beim Laufen ? - ich frage mich das immer wieder.

  • ich bin nicht auf der Flucht vor etwas. Auch nicht auf der Suche. Definitiv laufe ich zu etwas hin anstatt von etwas weg. Vielleicht sind es frühe, unbewußte Kindheitserinnerungen. Ein Punkt tief im Inneren, der durch die Läufe gestreichelt und gepflegt wird.
  • es gibt eine Untersuchung im bereich des "Lernens", nach der sich Menschen gelernte Inhalte wesentlich besser merken können, wenn sie beim Lernen in einer Pause ein Bild von Bäumen ansehen. Dazu reicht auch ein Foto, es müssen noch nicht mal echte Bäume sein. Ich finde das phantastisch und unerklärlich. Eine tiefe Verbindung des Menschen zu den Bäumen. Oberhalb von Engelthal steht mitten im Wald eine vereinzelte, sehr alte Eiche. zum Glück hat man den Weg und die Forststrasse an ihr vorbeigeführt. Wenn ich dort vorbeikomme, dann berührt mich dieser Baum immer.
  • das Verhältnis von physischer und psychischer Vorbereitung / Training ist bei Läufern etwa 9:1, hab ich gelesen. "Unterschätzt mir die letzten 10% nicht" soll ein Trainer über die mentale Vorbereitung gesagt haben. WERNER SONNTAG meint, nur mit ausgeglichener Psyche könne man eine Ultradistanz laufen. Eine Ultradistanz sei vor allem eine Frage der Psyche und der mentalen Verfassung. Auch da kann ich zustimmen. Ein Lauf ist vor allem eine gute Gelegenheit, über die Baustellen im Inneren nachzudenken und nachzufühlen. Das Laufen erzeugt durch die Bewegung und die Umgebung eine Klarheit. Es legt das Innere frei indem es Hüllen wegschmilzt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich gerne eine Partnerin hätte, die ebenfalls läuft. Ich genieße es, unterwegs nicht Teil von etwas anderem zu sein, sondern ich selbst. Mit meinen Chancen und Limitationen. 
  • "ob ich nach dem Laufen süchtig bin ?" - nein. Ich hab oft überlegt, was das Schlimmste wäre, was mir körperlich passieren könnte. Heute dachte ich mir beim Laufen im Wald: "wenn ich nicht mehr sehen könnte, dann würde ich den Wald noch riechen und unter den Füßen spüren. Wenn ich nicht mehr laufen könnte, dann würde ich radfahren. Wenn ich nicht mehr radfahren könnte, dann würde ich im Kanu fahren. Usw". Nein, ich bin nicht nach dem Laufen süchtig. Aber Laufen ist für mich mehr und mehr eine Art zu sein. In letzter Zeit eine stark ganzheitliche Art und Weise. Laufen ist nur ein Fuß vor den anderen setzen und dennoch ist es so viel mehr.
  • im Grunde scheue ich Auseinandersetzungen. Bei Distanzen über 42km kommen diese aber automatisch bei mir. Ich kann noch so gerne Laufen, aber wenn mir die Beine weh tun und der Blick zum Horizont fragt "wie weit denn noch ?", dann wird es "lästig" und "schwer". In letzter Zeit finde ich aber genau diesen Punkt interessant, so wie vorgestern. Es ist, ähnlich wie in den Bergen in der "Ausgesetztheit" einer Tour, eine Situation, die keine Flucht erlaubt. An dem Punkt, wo ich nicht mehr mag, da bin nur ich und sonst nichts. Es kommt der Wunsch  nach "einem Sofa" auf, nach "Beine hochlegen" und einer "heißen Badewanne". Meistens stehe ich ja an so einem Punkt (sonst wäre es nicht der vorläufige "Endpunkt" und Marker der Krise), schaue um mich und sehe: nichts. Außer der Umgebung natürlich. Keine Fee, keine "drei Wünsche frei", und zum Glück niemand, der mir eine Entscheidung abnimmt, was jetzt zu tun sei. ICH muss es mit MIR selbst ausmachen. Ich muss den Tiefpunkt überwinden, körperlich und mental. Und erst, weil er "ausgesetzt ist" wird das auch möglich. Wäre eine schnelle Lösung möglich, dann wäre es eine ganz andere Qualität von Krise und Lösung. So aber trifft es genau den Punkt, um den es geht: "hopp oder top", "vorwärts oder rückwärts", "stehen oder laufen". Mehr gibt es nicht.
  • Ähnlich, wie man den Reiz der Biwaknacht im Wald nicht nachvollziehen kann, wenn man es nicht selbst tut, kann man nicht nachvollziehen, was an diesen Grenzen sein soll. Und vor allem: wozu das Ganze ? - nun, es ist für mich eine völlig ehrliche Auseinandersetzung mit mir selbst. Noch dazu in großartiger Natur. Und ich habe mehr als gelernt: das, was ich als Grenze wahrnehme und körperlich mit jeder Faser spüre, die mir in den Haxen und sonst an diesem Punkt weh tun, das ist alles nur eine Illusion. An dem vorläufigen Punkt, an dem es nicht mehr geht, tun zwar die Beine real weh, aber dennoch ist das nur eine Grenze im Kopf und im Bauch, nicht real physisch. Hinter dieser Grenze liegt beim Weitermachen noch sehr viel mehr. 
  • Zwischen der Grenze im Kopf und einer realen Grenze durch Erschöpfung liegen für mich Welten. Für mich würde ich eine Grenze überschreiten, wenn ich die Situation nicht mehr kontrollieren könnte. Wenn ich torkeln oder phantasieren würde. Wenn ich den Ernst einer Lage nicht mehr überreißen könnte. Wenn ich nicht mehr wüste, wo ich bin - oder wer ich bin. wenn ich nicht mehr wüsste, wie ich an diesen Punkt gekommen bin.
  • Inzwischen finde ich es gut, mit Abbrüchen beim Laufen umzugehen. Einen Abbruch "muss man können", denke ich im Moment. Grenzen auszuloten und zu überschreiten macht für mich Sinn und gibt Befriedigung. Aber nicht um jeden Preis. Und nicht, weil ich oder jemand anderer es vorher festgelegt hat. Es gibt einen "Ticker" bei mir, der "mitläuft". Ähnlich wie bei Abfahrten mit dem Rennrad, wenn es nach meinem subjektiven Empfinden zu schnell wird und ich die Bremsen zuziehe, so gibt es auch beim Laufen einen Punkt, an dem es reicht. "Es ist gut, wenn es gut ist". 
  • Um mit seinen Grenzen umgehen zu können, muss man sie kennen. Um sie zu kennen, muss man sie ausloten. Um sie auszuloten, muss man "es tun". Um "es zu tun" muss man die "Komfortzone" auf dem Sofa verlassen und den "Arsch hochkriegen". Um "den Arsch hochzukriegen" braucht es einen Willen, eine Motivation. Wie WERNER SONNTAG schreibt eine "intrinsische" Motivation, vor allem bei Ultras. (Eine Motivation, die aus dem Inneren kommt und nicht durch äußere Anreize entsteht. Äußere Anreize sind "Anerkennung" und "Preise", "Urkunden" oder "Berichte".)
  • Ich bin auch ohne Laufen der Überzeugung, dass viele Menschen ihre Grenzen nicht kennen. Wie gut ich meine eigenen kenne sei mal noch dahin gestellt. Aber ich glaube, die Welt wäre tatsächlich ein besserer Ort, wenn wir unsere Grenzen besser kennen würden und nicht permanent über unsere Verhältnisse leben würden.
Ein gutes, neues Jahr uns allen !

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Staffelstein 2

Vor dem Jahresende wollte ich gerne noch eine lange Strecke unter die Beine nehmen: von Hersbruck nach Bad Staffelstein. Vor knapp zwei Jahren bin ich das schon gelaufen, und ich wollte es mit einer leichten Modifikation der Route wiederholen.
Da ich in den letzten Wochen und Monaten viel gelaufen bin (für meine Verhältnisse) habe ich mir über die Kondition nicht die größten Gedanken gemacht. Vielmehr war es für mich spannend, wie ich mit dem Lauf umgehen werde. Denn alleine auf 95km, in der Dunkelheit starten und in die Dunkelheit laufen, da kommt mit Sicherheit die ein oder andere Krise, die es zu bewältigen gibt. Wie also werde ich auf Krisen reagieren ?
Noch wenige Tage vor dem Start hatte ich etwas "Beschwerden" im linken Schienbein. Ein Effekt, bei zu schneller Steigerung des Trainings. Das bekam ich aber gut in den Griff und so konnte es gestern um 5:30 Uhr los gehen.

Diesmal war mir wichtig, nicht zu viel dabei zu haben. Mein Rucksack sollte möglichst leicht sein. Im Großen und Ganzen hat das auch funktioniert, aber es könnte noch etwas weniger sein. So habe ich auch bewusst experimentiert: bei meinen Läufen hier taugt meine GARMIN-Laufuhr ganz hervorragend. Sie ist GPS-basiert und liefert mir Pulswerte und die Zeit pro Kilometer. Das ist gerade auf eine so langen Strecke hilfreich, um nicht zu schnell zu starten. Allerdings war auch klar, dass die Uhr mit der Dauer nicht klar kommt. Nach 6h ist meist Schluss und der Akku leer. So nahm ich das Ladekabel mit und ein kleines USB-Powerpack für die Uhr und mein Smartphone. Im Aufseßtal schließlich hatte die Uhr nach 6h noch etwa 30% und ich hab sie während dem Lauf aufgeladen. Leider aber stellt die Uhr sich auf "0" wenn sie geladen wird, und so war die Aufzeichnung vom Start bis ins Aufseßtal verloren. Das ist ärgerlich, gibt mir aber schon einmal wichtige Hinweise auf den JUNUT. Entweder werde ich sie dort nicht tragen, oder ich stoppe die Aufzeichnung bei jeder Pausenstation und hänge die Uhr derweil ans Ladekabel. Damit hab ich dann keine Gesamtzeit auf der Laufuhr (weil die Pausen dann nicht mit drinn sind), aber unterwegs die Informationen am Handgelenk, an die ich  mich gewöhnt habe.

Im Gegensatz dazu lief mein GARMIN-GPS-Navigationsgerät ganz hervorragend. Ich habe die Route am Vortag darauf übertragen und hab mir das Gerät mit dem Gürtelklip an den Rucksack-Schultergurt geklemmt. Mit den besten und teuersten Akkus (Mignon-Zellen, 2-450mA) lief das Gerät die ganze Strecke durch, also rund 12h ! - so gesehen kann ich die Uhr auch beim JUNUT daheim lassen. Aber offensichtlich bin ich ein Sicherheitsmensch, doch dazu später mehr.

Apropos "Orientierung": letztes Jahr im November hatte ich mir ein neues SAMSUNG S4 gekauft, ein "outdoor-handy" im edlen Look. Das hatte ich bisher auch immer dabei, und es tat seinen Dienst. Allerdings war der Akku immer recht schnell leer. Auch ein Ersatzakku brachte nach kurzer Zeit keine wesentliche Verbesserung. Ich baue aber inzwischen zu 100% auf die Orientierung mittels GPS per smartphone. Die App "komoot" ist das Beste, was es in der Hinsicht gibt: die Routenplanung daheim am PC, dann auf das Smartphone laden, mit "offline"-Karten und damit ohne ständige Internetverbindung. Wenn ich meinen bluetooth-Kopfhörer mit dem Smartphone verbinde und komoot starte, dann bekomme ich auf die Kopfhörer exakt die Navigationshinweise beim Laufen, die ich brauche. Das funktioniert ausgesprochen gut und ich bin mit dem System sehr zufrieden.
Mit dem S4 war beim letzten Lauf hier über die Hausberge (Entenberg) nach nicht mal 2,5h Schluss. Der Akku alle. Das hat mich so geärgert, dass ich das Gerät wieder verkauft habe (ein neuer Akku hätte es auch getan). Statt dessen habe ich meinen handy-Vertrag ausgebaut und damit ein neues HUAWEI-Smartphone bezogen. Das hielt gestern mit GPS und bluetooth und komoot und mit etwa 1h Musik auch komplett durch, und das ist schon mal eine Ansage. Absolut brauchbar das Gerät.

So war ich dann gestern mit komoot unterwegs, die mich bestens geleitet hat. Das GARMIN hatte ich ebenfalls an und "am Mann" und wenn ich mir mal bei einer Ansage nicht sicher gewesen bin, dann hab ich schnell auf das GARMIN geschaut und war mir sofort sicher, wo es lang geht. Doppelte Sicherheit also, aber das war OK. Zumal bei komoot auch gerne kleine und kleinste Wege einbezogen werden, die im richtigen Leben dann im Wald mitunter nur schwer zu finden sind bzw. gar nicht zu sehen sind. Das hatte mich zu Beginn immer verwirrt und verunsichert. Inzwischen sehe ich das aber gelassen. Da wo komoot "durch will" gibt es auch einen Weg. Mit dem GARMIN kann ich ihn schnell kontrollieren und die Umgebung scannen. Ich seh dann auf der GARMIN-Karte sofort, ob ich besser die einen oder anderen 100m weiter auf dem festen Weg bleibe oder doch komoot folge. Klappt beides tadellos.

Als Verpflegung hatte ich 500ml "Bananen-Ananas-Smoothie" dabei und 2 Trinkflaschen zu je 500ml mit Wasser. Darin hab ich in jeder Flasche ein "Powergel" gelöst, um neben der Flüssigkeit auch Kohlenhydrate zu mir zu nehmen. Außerdem diverse Energieriegel und zwei gekochte Kartoffeln mit Salz.
In dem Örtchen "Aufseß" bin ich Nachmittags in eine Wirtschaft eingekehrt und hab 1/2 Wasser bestellt, einen Kaffee, eine Fleischbrühe und hinterher noch einen Schwarztee. Vor allem die Brühe hat sehr gut getan, das Wasser hab ich in meine Flasche gekippt und mitgenommen.
An meinem Muskelkater heute merke ich aber, dass ich viel zu wenig getrunken habe unterwegs. Das kalte Wetter hat dazu verführt, wenig zu trinken. Das muss ich unbedingt beim JUNUT ändern. Ich war zwar nicht dehydriert, aber ich hätte locker das Doppelte oder gar Dreifache trinken sollen. Wie schreibt doch der Ultraläufer FUCHSGRUBER in seinem Buch "running wild":
Wenn ein Lauf schon nicht dein Freund war, dann war er vielleicht wenigstens dein Lehrer.
Vorgestern hab ich mir mit dem Erlös des S4 noch auf die Schnelle eine leichte und dünne Daunenjacke gekauft. Von "ONE-PLANET", wiegt 300gr und kostete 70€. Ausserdem konnte ich sie schön klein zusammenlegen und gut in meinem Laufrucksack unterbringen. Das tat ich, weil ich noch vom letzten Lauf nach Staffelstein weiß, wie es mich vor Kälte und Erschöpfung im ZIEL gefroren hatte. Zumal das ja ein Ziel ohne "support" ist: niemand wartet auf Dich, niemand versorgt Dich, niemand kümmert sich um Dich wie bei einer Veranstaltung. "free solo" eben. Daher ist trockene Wärme angesagt, zumal im Dezember. Wenn auch einem sehr warmen Dezember.
Als ich dann den Lauf nach 84km vorzeitig abgebrochen habe, in der Dunkelheit und dem Nebel in einem x-beliebigen Kaff stand, in dem nur einige wenige Häuser beleuchtet waren (und schon niemand Vorbeifahrendes auf die Idee kam zu fragen, ob ich was brauchen könnte - aber OK, kann ich auch nicht verdenken), da war ich um mein trockenes Radtrikot vom Alpen-Brevet und eben dieser Daunenjacke mehr als froh und dankbar ! (Trikot deswegen, weil es sehr leicht ist und der Kragen sich mit Reißverschluss "ganz dicht" machen lässt im Gegensatz zu normalen T-shirts. Und ich will ja keine Wärme abgeben, sondern bei mir behalten...)
Nebenbei stand bei der Jacke: "Daune garantiert nicht von lebenden Tieren gerupft". Na zum Glück. Sonst hätte ich sie auch nicht genommen. Aber ganz ehrlich: auf die Idee, danach zu fragen wäre ich auch nicht gekommen. Wie pervers kann der Mensch eigentlich noch sein ? (und das Rupfen ist nur eine nette Anekdote im ganzen verkorksten Verhältnis von Mensch zu Tier). Nein, ich bin mir da sicher: wir hinterlassen keinen guten Fußabdruck auf der Erde.

Durch den Abruch bei km84 und die anschließende Wanderung nach Scheßlitz von 6-7km war ich gezwungen, mit dem Taxi vollends nach Bamberg zu fahren (15km) und dort dann in die S-Bahn zu steigen.

Bisher war mein Credo eigentlich immer,  "nie und niemals" aufzugeben unterwegs. "Lieber kotzen statt aufhören". Und das macht durchaus Sinn, denn mit jedem so doch noch bewältigten Lauf trainiere ich ja das durchhalten und das "nicht-aufhören vor dem Ziel". Wenn ich abbreche, dann trainiere ich das aufgeben. So ist das leider.
Dennoch wollte ich gestern wissen, wie ich mit Krisen umgehe. Und ich habe gelernt, dass ich ein Sicherheitsmensch bin. Jedenfalls ist mir die Sicherheit nicht egal. Ich hab das doppelte GPS-System am Start, ich hatte neben dem Smartphone auch noch ein uraltes Nicht-Smartphone, mit dem ich nur im Notfall auch noch hätte telefonieren können (falls der Akku des Smartphone zu schnell leer gewesen wäre). Ich hatte Bargeld, EC-Karte und Ausweis dabei, um im Ernstfall weiterzukommen. Ich hatte die Route geplant und sogar warme Wechselklamotten dabei. Ebenso meine Rettungsdecke, Schmerzmittel, Kompressionsbinde und die Notfallpfeife am Rucksack. Auch mit alledem kann noch was schief gehen, aber das ist nicht der Punkt. Es ging ja "schief" gestern, weil ich bei km84 in Nacht und Klebenebel einfach nichts mehr gesehen habe. Und hätte es unbedingt sein müssen, dann hätte ich die letzten 14km auch noch kriechen, krabbeln oder robben können. Oder auf der Landstrasse bis Staffelstein laufen. Aber es kam nicht darauf an. Es hing nicht mein Leben daran und ich hatte nicht den Erfolg an das Ziel gehängt, wie beim ersten Lauf vor zwei Jahren.
Ich wollte gestern in mich spüren und in mich hören, wie es mir so ergeht auf der langen Strecke. Ich bin morgens knapp 3h durch die Dunkelheit im Wald gelaufen, hab etliche Rehe und einen Fuchs gesehen und war erstaunt über mich selbst: das ist kein Problem. Je öfter ich das mache, desto leichter wird es. Es ist kein Kunststück. Niemand kann das vom Sofa aus verstehen. Auch nicht, das es toll ist, im Schlafsack im Wald oder in den Bergen zu biwakieren. Ohne Hütte. Und je älter ich werde, desto bequemer werde auch ich. Auch ich ziehe inzwischen das Quartier in der Hütte dem Biwak vor. Aber es fehlt etwas, so schön die Hütte ist. Beim Lauf durch die Nacht, bei der kleinen Überwindung meiner selbst und dem kleinen Ausgesetztsein im Wald hier um die Ecke, da kommt etwas zurück von diesem sehr ursprünglichen Gefühl: es braucht nicht viel, und ich kann das. Jeder Augenblick bestätigt sich selbst. So ist es richtig, so wird es gemacht. Und das gilt auch für die Krisen bei einem Lauf wie gestern: "ja und ? - jetzt bin ich hier, und jetzt treffe ich EINE Entscheidung und mit der lebe ich dann. Nicht mehr und nicht weniger. Zusammen mit der Natur und dem sehr basalen Laufen, der Reduktion auf wenig (trotz der Technik), ein sehr "erholsames" Erlebnis.

Wie schrieb doch einer der Kommentatoren zum JUNUT, nachdem er ihn gelaufen hatte:
wer nach dem JUNUT noch nicht weiß, wer er ist, dem ist auch nicht zu helfen.
Ich hab ihn zwar noch vor mir, aber so sehe ich das auch.
 

Donnerstag, 24. Dezember 2015

oi's is training

"Alles ist Training"

Mit 18 hab ich eine Ausbildung zum Werkzeugmacher absolviert. Dort hab ich meinen besten Freund Holger kennengelernt. Wir waren eine nette Truppe von 9 jungen Männern. Einer davon hieß "Thomas" und war ein Radsportbegeisteter. Wann immer wir ihn gefragt haben, was er nach Feierabend vor hat, hieß es "Training". Schnell hatte er seine Rolle inne und wurde sie auch nicht mehr los.

Wenn ich heute so meine Runden laufe, dann mag das monoton ausschauen und erinnert etwas an "Thomas": Laufen, laufen, laufen. Doch dahinter steckt mehr. Seit ich mich zum JUNUT 2016 gemeldet habe (240km) beschäftige ich mich viel mit "Vorbereitung", wie ich das Training nennen möchte.
Ein Läufer läuft natürlich, sonst wäre er ja kein Läufer. Also ist sicher das Laufen eine der Haupt-Trainingsformen. Aber was mir schon lange in den Sinn kam, kann ich in letzter Zeit vermehrt lesen: die ultralangen Strecken (alles über 50km) sind nur zu einem Teil die Sache der Beine. Vielleicht die Hälfte, wenn überhaupt. Das klingt zunächst abwegig, doch steckt da viel Wahrheit drinnen. Als ich nach Bad Staffelstein lief (100km free solo) konnte ich am Schluss noch immer laufen, auch wenn ich sonst völlig abgebrannt gewesen bin.
Auf 240km kann ich mich nicht vorbereiten, in dem ich viel und oft laufen gehe. Es scheint mir viel mehr etwas "Ganzheitliches" zu sein:

Im nächsten August werde ich 50 Jahre alt. Hmmm. Fühlt sich nicht so an und ist mir im Grunde auch egal. Aber sicher stehe ich in meiner jetzigen Lebensphase immer wieder an dem Punkt mich zu fragen: "wohin führt mein Weg ?" - oder wie Dire Straits singt: "where do you think you're going ?". Nicht nur einmal laufe ich durch den Wald und singe vor mich hin: "go your own way !" (Fleetwood Mac).

Seit einiger Zeit mache ich abends meine Rücken- und Rumpfgymnastik. Zum einen tat mir auch ohne Laufen in der Nacht der Rücken weh, zum anderen habe ich kürzlich gelesen, dass die Geschwindigkeit beim Laufen nicht aus den Beinen kommt, sondern aus dem Hintern, dem Rücken und dem Rumpf. Es macht also total Sinn für mich, nicht nur die Beine zu bewegen...

Ich lese Bücher zum Thema "Laufen" und "Ultramarathons" wo immer ich sie finden kann. Das motiviert mich ungemein und ich versuche mir den ein oder anderen Trick abzuschauen. Zum Beispiel die Laufschuhe mit Melkfett innen einzuschmieren, um Blasen vorzubeugen (hab ich aber noch nicht gemacht bis dato).

Kürzlich las ich, dass man mit der Nasenatmung trainieren kann, die Luft mehr aus dem Bauch zu holen statt nur über die Lungen zu atmen und damit den Puls zu senken. Gerade auf langen und längsten Strecken soll das Vorteile bringen. Also versuche ich immer wieder, unterwegs ein Teilstück einzubauen (meist in der Ebene), bei dem ich nur durch die Nase atme oder zumindest durch die Nase einatme und durch den Mund ausatme. Das erinnert mich an meine Anfangszeiten des Laufens und es liegt mir eigentlich sehr gut. Schnell vergesse ich beim Laufen, dass ich eigentlich durch die Nase atme und nicht durch den Mund, wie sonst.

Von "the running buddha" weiß ich, wie wichtig es ist, seinen Geist auf das Laufen vorzubereiten. Das fängt damit an, konzentriert beim Laufen zu bleiben. Auf den Atem zu achten. "Wie fühlt sich die Luft an, wo spüre ich sie, wo geht sie hin, wie schmeckt sie hier ?" - und ich konzentriere mich darauf, wie es sich bei jedem Schritt da anfühlt, wo meine Füße landen - bei jedem Schritt. Lande ich mehr mit der Ferse, mehr in der Mitte oder auf dem Vorfuß. Spüre ich den goßen Zehe, wenn ich mich zum nächsten Schritt abstoße ? - all das sind Kleinigkeiten, aber sie machen mich achtsam, mir selbst gegenüber.

Bei einem Ultra vor Schmerzen Angst zu haben ist ziemlicher Unsinn. Denn sie werden kommen, garantiert. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Der schlechteste Weg wäre es, sie zu ignorieren. Aber ich lerne zur Zeit, sie anzunehmen. "Aha, da ist er". Ich nehme ihn an und "beobachte ihn", wo er sitzt und wo er hingeht. Ich achte ihn und bekämpfe ihn nicht. Denn er teilt mir etwas über mich mit. Er sagt mir im Grunde, worauf ich zu achten habe.

"The running buddha" sagt, man solle mit der Umgebung, durch die man läuft, "eins werden". Das klingt seltsam, zumal während ich hier am PC schreibe, aber tatsächlich funktioniert das manchmal richtig gut. Es geht darum, im Moment und in der Umgebung "aufzugehen". Im "hier und jetzt" zu sein und wirklich "präsent" zu sein. Da bin ich noch auf dem Weg der Entwicklung, aber es gelingt mir immer besser. Und es ist ein richtig gutes, geniales Gefühl. Kein "runners high", sondern ein sehr starkes, intensives Gefühl. Und da ich den Wald und die Felder liebe, genieße ich es sehr, wenn ich in der Umgebung "aufgehe". Tatsächlich aber ist es dabei völlig egal, welches Wetter herrscht. Ob es regnet oder nicht, ob die Sonne scheint. Wie auch immer. Aber viele Kleinigkeiten im Vorbeilaufen zu beachten... das hat schon was. Dabei hilft mir auch, in letzter Zeit immer wieder Fotos zu machen. So achte ich mehr auf die Umgebung.

Meine Ernährung habe ich nicht komplett umgestellt, aber doch deutlich. Ich nehme jeden Tag zwei Smoothies zu mir, ich esse viel mehr vegetarische Nahung und hab alle Formen des Alkohol verbannt. Chips und Pommes gibt es bei mir nicht mehr, auch keine Burger. Nur Süßigkeiten esse ich noch ganz gern, leider. Als Nahrung und Energiequelle unterwegs habe ich die gekochte Kartoffel mit Salz entdeckt.

Zu dieser Jahreszeit beginnt das Tageslicht spät und endet früh. Wenn ich also laufen will, dann meist mit dem Start während der Dunkelheit oder am Nachmittag in die Dunkelheit hinein.
Zuerst habe ich Strecken ausgesucht, bei denen ich nicht ganz querfeldein durch den Wald laufen muss. Das ist auch jetzt noch so. Dennoch genieße ich den Lauf in der Dunkelheit inzwischen auch sehr. Denn er macht "wach" und "ruhig" gleichzeitig. Fahrende Autos stören enorm, denn das Scheinwerferlicht der Autos ist grell in der Dunkelheit und blendet meist sehr stark. Je länger ich in der Dunkelheit mit dem begrenzten Schein meiner Stirnlampe laufen kann, desto mehr komme ich zur Ruhe, ohne geblendet zu werden. Und ich merke, es kommt wie so oft vom "machen". Je öfter ich in der Dunkelheit laufe, desto leichter fällt es mir.

Oft habe ich meine Runde, die ich laufen möchte, vor dem Start bereits im Kopf oder auch auf meinem GPS-Gerät. Ich weiß also, wo ich hin möchte und ich schätze ab, wie lange ich unterwegs sein werde. Danach richtet sich auch,  ob ich Getränk, Rucksack oder Essen dabei habe. In letzter Zeit habe ich bei langen Läufen auch immer mein "Notfallset" dabei: Stretchverband für Verstauchungen, Schmerztabletten und eine Alu-Rettungsfolie gegen Auskühlung.
Allerdings läßt sich nicht immer alles berechnen und im voraus planen. Es ist auch gerade beim Laufen wichtig, flexibel zu bleiben und Probleme da zu lösen, wo sie auftreten: hier und jetzt.  Das ist beim Laufen um so schwieriger, weil man ja permanent in einer Vorwärtsbewegung ist und so subjektiv kaum Zeit und Nerv hat, irgendetwas zu ändern. Im Vorwärts innezuhalten und eventuell sogar (ein Stück) umzukehren um weiterzukommen, das ist die Kunst.

"Last but not least" gilt es immer wieder, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und bei jede Lauf sich auf die Wurzel zu besinnen: warum laufe ich eigentlich ? - was macht diesen Reiz aus ?
Es geht nicht um die Trainingskilometer oder die Etappen. Die sind wichtig, aber das ist am Ende nur Begleitmusik. Wichtig ist das Innere bei der Sache. Draussen, in Bewegung, im hier und jetzt aufzugehen. Wenn der Rhythmus des Atem und der des Herzens mit dem der Beine und des restlichen Körpers zusammenpaßt, dann wird daraus ein Ganzes.

Genial.

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Morgenweg

Mit dem Crossrad in die Arbeit. Sich Zeit für den Moment nehmen...

Sonntag, 6. Dezember 2015

Traumlauf in der Fränkischen

Klumpertal und Püttlachtal, 24km, 2:51h, 478hm



Sehr schöne Runde im Herzen der Fränkischen: von Bronn durch das Klumpertal nach Pottenstein und durch das Püttlachtal wieder zurück.

"Trailrunning at it's best" im Klumpertal, auf dem sog. "Jägersteig", im Wald etwas oberhalb des Tales:







Aber auch von Pottenstein nach Püttlach gibt es traumhafte Abschnitte:










Ich fange unterwegs an, mit dem Gedanken zu spielen, im Dezember noch nach Staffelstein zu laufen. 94km laut "komoot". Da noch kein Schnee liegt wäre das vielleicht was. Mal sehen...



Dienstag, 1. Dezember 2015

Ostersee am 1.Dezember



17.8km, 1:48h.
Nach der Dienstbesprechung in der Arbeitsstelle Frühförderung in München ein kleiner Abstecher zum Starnberger See. Dort am südlichen Ende liegt der Ostersee. Klasse Abwechslung nach der Besprechung. Morgen folgt Sitzung, Teil 2.