Heute in einer Woche werde ich nach Bad Staffelstein laufen. Um diese
Zeit (mittags) möchte ich schon die Hälfte der Distanz locker bewältigt
haben, also etwa 50km. Da ich um 5:30 Uhr starten möchte sollten es
eigentlich schon mehr als 50km sein. Aber gut.
Die Wetterprognose schaut gut aus. Zwischen 0 und 8°C, evtl. trocken.
Also ist kaum mit Neuschnee zu rechnen. Daher werde ich wahrscheinlich
nicht auf meine Trailrunning-Schuhe setzen, sondern auf meine
ausgelatschten und geflickten Laufschuhe.
Es fiel mir schwer, mich in der letzten Tagen mit Laufen zurück zu
halten. Es juckt mich sehr stark in den Füßen und ich würde gern sofort
los laufen. Aber erstens zwingt mich mein linkes Knie zur Ruhe (aktuell
noch keine Beschwerden, aber ich kenne die Symptome der Überreizung, und
die habe ich seit den 220km im Januar. Also ist jetzt gerade weniger
mehr, um den 22. nicht zu gefährden) und mir liegen immer noch Norman
Büchers Worte in den Ohren, dass die fitness von der Regeneration kommt
und nicht von der Trainingseinheit. "Ich plane meine Pausen so wie meine
Trainingseinheiten". Das gab mir zu denken, denn ich denke ja im Bezug
auf das Laufen nur in der einen Richtung: wann kann ich wieder...
Mit einem weniger guten Gefühl im Bauch habe ich heute meine letzten
Accessoires beim Amazon bestellt: eine Tasche für mein Smartphone, damit
ich es an meinen Schultergurt des Laufrucksackes schnallen kann und
schnell und leicht herausnehmen kann. Zwar habe ich eine Tasche für den
Oberarm, aber darin sitzt das Gerät eher fest als locker. Also nichts
zum schnellen herausnehmen zwecks Foto oder Blick auf die Karte.
Des weiteren habe ich schweren Herzens auch noch einen weiteren
Kopfhörer bestellt. Zwar liebe ich meinen Bluetooth beim Laufen über
alles, aber die 12-13h wird er nie durchhalten (max 7h) und zwischen
drinn aufladen ist nicht eben ideal (ich brauche Kopfhörer für die
Navigation: "nächste Kreuzung rechts..."). Nach langer Suche habe ich
doch wieder einen Phillips bestellt (obwohl ich hier schon einen
Fehlkauf hatte), der ist kabelgebunden (also spare ich den Strom am
Smartphone für bluetooth) und hat eine Steuerung am Kabel für
Lautstärke, Vor- und Zurückspulen sowie Telefonate. Das sollten nun
endlich die letzten Teile gewesen sein.
Die Runde heute verlief ganz entspannt und ohne Hektik. Ich habe gemerkt, wie sich mein Körper schon auf die Anforderungen eingestellt hat: es ist schwer, langsam zu laufen. Das Adrenalin sitzt sprungbereit in den Adern und alles will los. Dauernd könnte ich was ändern und was kaufen, um meine Ausrüstung zu optimieren. Aber irgendwann muss es auch mal gut sein.
Inzwischen wiege ich etwa 70,5kg. Seit dem Jahreswechsel habe ich also etwa 6kg weniger auf den Rippen. Dabei mache ich keine Diät oder hungere vor mich hin. Allein, ich lasse alle Süßigkeiten weg, keine Chips, keine Gummibärchen, kein Bier, kein Alk. Ich fühl mich prächtig, und mir fehlt nichts.
Da es inzwischen recht warm geworden ist (also über 10°C) hatte ich überlegt, den Kocher weg zu lassen. Aber bei 101km kann ich mir einfach gut vorstellen, unterwegs heilfroh zu sein, etwas warmes in den Bauch zu bekommen. Die getesteten chinesischen Nudeln mit einem Zusatzlöffel Kartoffelbreipulver. Und ner Tasse Instant-Kaffee. 2x auf der Strecke. Das lasse ich vielleicht lieber doch nicht weg. Auch wenns nicht unbedingt nötig ist. Und sehr wahrscheinlich wird ALLES nötig sein.
Der Puls steigt. 101km. Kein abbrechen, kein umdrehen, kein "Reserveschirm". Durch und gut. Wenn nicht, dann gibts ein Abenteuer. Aber ich werde das Haus morgens alleine verlassen und dann aus eigener Kraft auch wieder heim kommen. Doch ich bin gespannt. Die Schallmauer von 100km flößt mir Respekt ein.
Auch wenn der Vergleich hinkt, aber ich denke an den jungen Amerikaner, der free solo die höchsten Wände durchsteigt und ohne jegliche Sicherung unterwegs ist. Spielend, turnend. Mit der Leichtigkeit des Seins. Das ist mir ein Vorbild, wenn die "aber wenn..."-Gedankenfraktion zu stark wird.
Laufen. einfach laufen. Den ganzen lieben langen Tag.
Free solo.
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